Third Stage
(von 1986)
Die Musik von "Boston" ist etwas für Rock-Fans, die auch ein Faible für Melodien haben, etwas ganz Besonderes: auf allen Alben der Band gibt es neben wohlüberlegten und gelungen präsentierten Melodien mehrere dominierende E-Gitarren, die ebenso geradlinig spielen, wie auch ausgefeilte Melodien präsentieren. Das Ganze auf eine Art und Weise, die man bis heute nicht oft wird hören können und die ihresgleichen sucht.
Ein besonderer Hörgenuß sind dabei auch die instrumental gespielten "Einleitungen", die manchem Lied vorausgehen, z.B. auf der Debüt-LP die Einleitung des Liedes "Foreplay / Long Time" oder aus dem Nachfolge-Album das Lied "The Journey". Ein Glanzstück des "Boston"-Sounds in dieser Richtung ist aus der dritten LP das Instrumental-Stück (eigentlich auch eine Einleitung) "The Launch", das man sich immer und immer wieder anhören kann, ohne das man es irgendwann überbekommt.
Und diese dritte LP ist "Third Stage", die ich aus dem Repertoire der Band ausgesucht habe. "Boston" gibt es bereits seit 1976, doch ist die Band hierzulande leider nicht sehr bekannt. Den Grund dafür kann man wohl im Gesamtwerk der Gruppe sehen, denn bis heute sind lediglich 5 reguläre Alben und ein Sampler erschienen, das ist alles. Für einen Zeitraum von 32 Jahren alles andere als viel. Während "Boston" in Amerika beispielsweise eine große Fangemeinde hat, erreichte sie diesen Status bei uns nicht. Nur unter Fans haben sie ihren guten Ruf.
"Boston" war (und ist heute noch) die Idee und das Konzept eines Mannes: des am 10. März 1947 geborenen Tom Scholz. Scholz, der nach seiner Studienzeit als Produktions Designer für die Polaroid Co. arbeitete, merkte schnell, das dies nicht seine wahre Leidenschaft war, diese war damals schon die Musik.
In seiner Freizeit arbeitete er schon länger an einem Projekt, das er mit selbst erdachten Soundeffekten auf einem 12-Spur-Gerät aufnahm, die übrigen Musiker stammten aus Bostoner Bands.
Mit den ersten Demo-Bändern (dem Ergebnis jahrelanger Arbeit) ging Tom Scholz dann zu sehr vielen bekannten und renommierten Plattenfirmen, doch alle lehnten ab. Auf der Suche nach einer Plattenfirma ging er bis nach New York, wo Scholz seine Bänder einem Vertreter von "Epic" vorlegte. Dieser sagte dann zu, Scholz holte seine Musiker aus Boston nach und die Arbeiten an der ersten LP begannen im Winter 1975.
Die Debüt-LP (heißt einfach nur "Boston") entstand vom Winter 1975 bis zum Frühling 1976 und der Erfolg gab den Ideen Tom Scholz´ Recht, die LP erschien 1976 und verkaufte sich schon in der ersten Zeit über neun Millionen Mal. Sie wurde zur erfolgreichsten Debüt-LP der Rock-Musik. Heute liegen die Verkaufszahlen des Albums Angaben etwa bei 15 Millionen (wobei ich mir mit der Aktualität dieser Zahl nicht sicher bin).
Die Single "More than a Feeling" aus dem Debüt-Album machte "Boston" nicht nur in den USA bekannt; auch bei uns wurde das Lied erfolgreich, allerdings nicht so sehr wie in den USA. Die Single erreichte bei uns im Januar 1977 den 15. Platz in den Hitlisten und - auch das ist typisch dafür, was ich eben angedeutet habe - es blieb die einzige "Boston"-Single, die bei uns in die Charts kam. In England erreichte sie ebenfalls im Janur 1977 "nur" einen 22. Platz, in den USA aber kam sie nach dem Start im Oktober 1976 bis auf einen 5. Rang.
"More than a Feeling" wurde so etwas wie ein Erkennungszeichen für die Band, ein Lied, das viele Rock-Fans auch heute noch kennen und schätzen.
Nun dauerte es bis 1978, bis das zweite Album der Band herauskam, "Don't look back". Diese LP wurde schon vor Erscheinen in den USA mit Platin ausgezeichnet, das heißt, das schon mehr als eine Million LPs bestellt waren, bevor es das Album gab.
Nach der zweiten LP begann dann eine lange, sehr lange Wartezeit für die "Boston"-Fans; denn erst nach acht Jahren erschien 1986 die dritte LP der Band, eben "Third Stage".
Mit diesem Album liefete Tom Scholz (meiner Ansicht nach) sein Glanzstück ab, denn es schlägt die beiden Vorgänger-Alben noch. Kraftvoller Rock zusammen mit melodiösen E-Gitarren-Melodien lassen "Third Stage" beinahe zu einem Meilenstein der Rockmusik werden (vielleicht übertreibe ich da etwas, aber egal).
Songs wie die Ballade "Amanda" (ihrem größten Single-Erfolg in den USA), "We´re ready" dem Instrumental-Stück "The Launch", "To be a Man" (ebenfalls eine Ballade mit einer traumfhaft schönen Melodie), oder "Hollyann" legen mehr als deutlich Zeugnis der Qualität des Albums ab.
Das Album beginnt mit dem Song "Amanda. Das Lied kam im September 1986 in den USA als Single heraus und wurde der größte Single-Erfolg für "Boston", das Lied erklomm in den Charts (am 8. November) die Spitzen-Position, wo sie für 2 Wochen blieb. Es ist eine Ballade, die vor allem ab der Mitte auch die Richtung in den Rock einschlägt, aber bis zum Ende doch eine Ballade bleibt. Kraftvoll, aber dennoch auch zum Träumen einladend. "We´re ready", im Dezember 1986 noch veröffentlicht, mußte sich mit dem 9. Platz in den USA "begnügen".
Nach diesem Geniestreich (das ist wörtlich gemeint) sollte es aber wieder sehr lange dauern, bis es etwas Neues gab; und zwar so lange, das manche Fans (ich eingeschlossen) schon dachten, es würde kein neues "Boston"-Album mehr geben. Doch hatte dies nicht nur künstlerische Gründe.
Einer der Gründe war, das Tom Scholz 2 Jahre lang mit dem Bau des "Hideaway Studio II" beschäftigt war; der andere Grund war ein gerichtlicher: 1990 begann ein Gerichtsverfahren, das die CBS gegen Tom Scholz angestrengt hatte. Sie verklagte ihn auf Schadenersatz wegen der Nicht-Einhaltung eines Vertrages, der besagte, das Scholz mindestens zehn Alben in fünf Jahren vorlegen müsse.
Im Gegenzug verklagte Scholz allerdings die CBS, weil diese ihm über mehrere Jahre hinweg Tantiemenbeträge in Millionenhöhe vorenthalten hatte. Scholz gewann und die CBS mußte bezahlen.
Im November 1990 begann Scholz jedenfalls mit den Aufnahmen zur vierten LP, die Arbeiten wurden im Dezember 1993 beendet und 1994 erschien dann endlich (bereits auf CD) mit "Walk on" das vierte Album von "Boston". Aufgenommen wurde es, wie schon erwähnt, in Scholz´ eigenem Studio, einige Gesangs-Passagen nahm man aber in dem Studio "One World Productions" in Boston auf, sowie manche Bass und Gitarren-Aufnahmen, die in David Sikes und Gary Phil´s eigenem Studio eingespielt wurden.
Sikes und Pihl waren bei der LP nicht nur Technik-Assistenten, sie waren auch als Musiker dabei. David Sikes unter anderem als Sänger und Bassist und Gary Pihl stellenweise als Lead-Gitarrist. Alle anderen Musiker waren neu dabei; neben Sikes als Sänger waren noch Fran Cosmo und Tommy Funderburk aktiv, und Doug Huffman saß bei manchen Liedern am Schlagzeug, Tom Scholz selber übernahm wieder mehrere Instrumente: Orgel, Piano, Klarinette, Keyboard, Streichinstrumente, Lead und Rhythmus Gitarre, Bass und erstmals war er auch Schlagzeuger, ebenso war er wieder Arrangeur, Techniker und Produzent des Albums.
Stilmäßig schlägt "Walk on" mehr in Richtung des Rock aus, was sich aber weder als schlecht für den Gesamteindruck erweist, noch ist es eine Abwendung vom bisherigen "Boston"-Stil, das wird deutlich beim Anhören von Liedern wie "Surrender to me" (was als eines der Höhepunkte des Albums gelten dürfte), "I need your Love", "Magdalene" oder "We can make it".
Besonders empfehlenswert sind die ineinander übergehenden Instrumental-Stücke "Get organi-zed" und "Walk on (some more"). Obwohl Brad Delp nicht mehr als Sänger bei den Aufnahmen dabei war, sind noch zwei Lieder enthalten, die Tom Scholz zusammen mit ihm und David Sikes schrieb. Sikes war insgesamt fünfmal beim Komponieren der Lieder beteiligt gewesen.
Ob es nach "Walk on" noch ein weiteres Album geben wird, steht wohl in den Sternen - wenn man die Abstände zwischen den Arbeiten betrachtet, hätte es mittlerweile schon wieder ein neues geben müssen, wenn man mal von acht Jahren Pausen zwischen den LP´s ausgeht.
Die CD "Third Stage" kann man u.a. hier erwerben.
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