Sunday, November 9, 2008

Werwolf Filme (1/13)

EINLEITUNG
Seitdem der Film sich (von Frankreich aus) immer weiter auf der Welt ausgebreitet hatte, gab es auch schon Horrorfilme. So entstand beispielsweise der erste "Frankenstein"-Film im Jahr 1910. J.Searle Dawley drehte damals "Frankenstein" mit Mary Fuller (Elizabeth), Augustus Phillips als Frankenstein und Charles Ogle als das Monster. Teile dieses (insgesamt 16 Minuten langen Films) sind bis heute erhalten.

Es gab aber bis in die 30er oder auch 40er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein nicht die Auswahl an Themen, die es heute gibt. Oft gab es Vampire in Horrorfilmen zu sehen oder Spuk-Geschichten oder auch Besessenheit, die wohl am häufigsten in "Dr. Jeykll and Mr. Hyde" erzählt wurde, zu dem Robert Louis Stevenson die Vorlage schrieb.

Relativ spät (um die 30er Jahre) kam dann eine überlieferte Gestalt verstärkt dazu, die heute seit Jahren zu den Standarderscheinungen im Horror gehört - egal, ob im Buch oder im Film und von da auch nicht mehr wegzudenken ist: der Lykanthrop - besser bekannt als Werwolf.



DIE URSPRÜNGE
Woher kommt aber der Werwolf? Jene tragische Gestalt, die am Tag ein Mensch ist und sich bei Vollmond in eine Mischung aus Mensch und Wolf verwandelt?

Mischungen aus Mensch und Tier sind in der überlieferten Mythologie, speziell griechischen, beileibe
nichts Ungewöhnliches: die Kentauren etwa (bei uns besser bekannt als Zentauren) waren eine Mischung aus Mensch (Oberkörper) und Pferd (Unterkörper), oder der Minotaurus: ein Typ mit menschlichem Körper und einem Stierkopf.

In der Mythologie liegen wohl auch die Ursprünge dieses (Aber-)Glaubens. Der Fachbegriff des Werwolf-Daseins, die Lykanthropie, stammt von dem Wort Lykáon (oder Lycaon; abgeleitet von Lykos = Wolf).
In der Sage war Lykáon Köng von Arkadien und Vater von Kallisto. Weil er Zeus, dem Göttervater, bei einem Besuch  bei ihm Menschenfleisch vorsetzte, verwandelte Zeus ihn in einen Wolf. Da er wegen dieser Tat der Ansicht war, das die Menschheit völlig aus den Fugen geraten war, sandte Zeus außerdem noch die "deukaleonische Sintflut".

Im alten Ägypten galt die Verwandlung eines Menschen in ein Tier als etwas Ehrenvolles und je angesehener das Tier war, umso besser. Im Norden Europas galt es allerdings auch damals schon als eine Schmach, in ein Tier verwandelt zu werden.

Entstanden ist der Glaube vom Werwolf vermutlich in Europa, doch auch in anderen Ländern gab es den Glauben daran, das sich Menschen in Tiere verwandeln können, meist eben in gefährliche: In Indien gab es den Wertiger, Mischung aus Mensch und Tiger, in den USA waren es die Panther und so weiter.

Der Glaube an den Werwolf (ältere Schreibweisen waren "Wehrwolf" oder "Wärwolf") aber hat sich auch später nie ausrotten lassen. Je weiter sich diese Glaube ausbreitete - und je länger er vor allem Bestand hatte - desto merkwürdiger wurden die Umstände, die diesen Glauben begleiteten.

Im Mittelalter war der Glaube daran, das es tatsächlich Werwölfe gab, sehr stark vertreten und so manche Tat, die nicht gekärt werden konnte, wurde wohl darauf geschoben, das es ein Werwolf war. So wurde zum Beispiel im französischen Dóle im Herbst 1573 durch einen Erlaß die Jagd auf Werwölfe offizielle genehmigt.
Einige Monate danach wurde ein Mann namens Gilles Garnier, der "Eremit von St. Bonnot", zum Tode durch den Scheiterhaufen verurteilt, weil er mehrere Kinder getötet haben soll. Das allein wäre ja schon schlimm genug, doch auch in der offiziellen Version war es Teil der Anklage, das er diese Tat als Werwolf begangen haben soll.

Auch in Deutschland sind solche Ereignisse dokumentiert: in Dahlem, einem Dorf in der Eifel, hat sich ein Hochzeitsgast den Gürtel des Bräutigams umgebunden, und sofort danach verwandelte er sich in einen Wolf. Im Wald wurde er von einem Holzfäller mit einer Axt erschlagen, daraufhin löste sich der Fluch sofort.
Ein Werwolf, der über 30 Menschen getötet haben soll, wurde 1590 in Köln hingerichtet.

Um es noch einmal zu betonen: dies sind keine erfundenen Dinge, sondern alle diese Informationen stammen aus tatsächlichen Quellen. Wie viel davon nun wahr ist - wahr sein kann - damit mögen sich Experten beschäftigen.

Mitverantwortlich für die "Entwicklung" des Werwolfs könnten auch die Geschichten von Menschen sein, die von Tieren erzogen wurden. So ganz in den Bereich der Sagen und Geschichten gehören solche Vorkommnisse nämlich nicht. Überliefert ist ein Fall, der sich im 18. Jahrhundert im französischen Caude zugetragen hat (und dies ist beileibe keine Erfindung, sondern Tatsache).

Ein kleiner Junge (etwa 10 bis 12 Jahre alt) wurde dort aufgefunden, der sich sprachlich nur durch einzelne Laute verständigen konnte. Er war als Kleinkind verloren gegangen und ist dann offensichtlich von Wölfen aufgezogen worden. Auch später war es Gelehrten nicht mehr möglich, ihm die menschliche Sprache beizubringen.

Heute weiß man, das Kinder im frühen Alter die Sprache erlernen müssen, später ist ein Kind nicht mehr in der Lage, die nötigen Laute zu erzeugen. Festgehalten wurde dies alles von dem Arzt Jean Itard, der damals (1798) vergeblich versucht hatte, das Kind wieder zu "zivilisieren". Francois Truffaut hat diese Fakten 1969 unter dem Titel "L´enfant Sauvage" ("Der Wolfsjunge") mit Jean-Pierre Cargol, Francoise Seigner und sich selber verfilmt.


DER WERWOLF IN DER LITERTUR
Literarisch wurde der Werwolf zwar auch schon sehr früh bearbeitet (etwa bei Petronius im "Satiricon"), aber erlangten diese Geschichten nie die Berühmtheit oder Bekanntheit wie die "Arche"-Figuren des Horrors. Eine Verwandlung in einen Wolf kommt auch in "Die Mühen und Leiden des Persiles und der Sigismunda" von Cervantes vor; auch in Charles de Costers Roman "Ulenspiegel" kämpft der Titelheld gegen ein Werwolf.

Zu finden ist der Werwolf auch in "Le Meneur de Loups" von Alexandre Dumas (1857), in "The white Wolf of the Hartz Mountains" (1839) von Captain Marryat, in "Der Lykanthrop" von Jose Farmer (dort ist es aber nur ein Mensch, der sich mit einem Wolfsfell in einen Werwolf verwandelt) oder in Marie de Frances´ "Lay of the Bisclavaret", dessen Entstehung ins 12. Jahrhundert datiert wird.

In abgewandelter Form oder nur angedeutet vorhanden ist das Motiv des Werwolfes in "Der Wärwolf" von Karl Gutzkow und der Erzählung "Das Stigma des Tieres" von Rudyard Kipling, in dem der Protagonist an dem Wahn erkrankt ist, ein Werwolf zu sein.

Ein völlig abgedrehtes Motiv des Werwolf-Themas konnte man 1947 in "Le Loup Garou" von Boris Vian lesen, in dem ein Wolf Spaß daran hat, Liebespaare zu beobachten. Er wird eines Nachts von einem Lykanthropen gebissen und verwandelt sich ab da in einem Menschen (das ist kein Gag, stimmt wirklich). Am Ende ist der Verwandelte, nachdem er in Paris jede Menge Spaß gehabt hatte, einer Verfolgung durch die Polizei dadurch entkommen, das er sich wieder in einen Wolf verwandelte und in den Wald zurückfloh.

Einen klassischen Werwolf-Roman kann man den im  19. Jahrhundert erschienenen "Der Werwolf von Paris" von Guy Endore nennen, aber auch der ist nur solchen ein Begrirff, die sich dafür näher interessieren, und im Handel wird man wohl schon länger suchen müssen, bis man diesen Roman finden kann.

Bevor ich mich mit dieser Filmographie beschäftigt hatte, war mir weder der Titel "Der Werwolf von Paris" noch der Name des Autoren - Guy Endore - ein Begriff gewesen. Und genau das ist es, was die Vampir- und Frankenstein-Filme (und -Romane) von den Werwolf-Filmen (und -Romanen) unterschiedet, sie haben ihren "Archetypen". Also die Figuren, die einem sofort einfallen, wenn ein bestimmtes Thema erwähnt wird.

Wenn man Vampirfilme erwähnt, wird einem wohl sofort "Dracula" einfallen oder bei Horrorfilmen allgemein fällt vielen sofort "Frankenstein" ein, und eine solche Vorlage fehlt eben bei den Werwolf-Filmen.

Der Werwolf ist unter den klassischen Monstern des Horrors der tragischste, da er sich seiner Lykanthropie oder seines Fluches durchaus bewußt ist. Er weiß, was er tut, und was er getan hat, wenn er am nächsten Tag wieder ein Mensch ist; er weiß, das er getötet hat. Ein Vampir zum Beispiel ist, wenn er erst einmal zum Vampir gemacht  worden ist, dann für immer einer, Tag und Nacht, er hat alle menschlichen Empfindungen abgelegt und auch kein Gewissen mehr.

Ein Werwolf dagegen hat beides noch - jedenfalls am Tag. Diese innere Zerrissenheit wird in manchen Filmen besonders gut dargestellt, wobei es da natürlich nicht auf die gut gemachten Spezial Effekte ankommt, sondern auf die Schauspieler - und nur darauf.

Besonders eindringlich wurde dies dargestellt beim 1941 gedrehten "The Wolf Man" von Lon Chaney Jr., in der Rolle des Monsters und 1961 in "The Curse of the Werewolf" ("Der Fluch von Siniestro"), in dem Oliver Reed den Werwolf spielte.

Nach dem eher kärglichen Daseins des Werwolfs in der Literatur begann der Siegeszug dieser Figur erst zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit dem Medium Film. Doch das dauerte noch etwas; als es im Film schon längst diverse Klassiker in vielen Genres gab, fuhr der Werwolf-Film bis dato nur im Kielwasser anderen Horrorfilme.


Der zweite Teil von “Die Werwolf-Filme” erscheint in Kürze.

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