Monday, March 23, 2009

John Carpenter's beste Filme (Teil 10)

Anfang der 80er Jahre hatten Filme nach Werken des Schriftsteller Stephen King einen ersten Ansturm erlebt. Nach dem (finanziellen) Reinfall mit "The thing" wandte sich 1983 auch John Carpenter einer Geschichte zu, die von King stammte und schuf einen auch vom Autor hoch geschätzten Film:


CHRISTINE
(Christine)
USA, 1983

Darsteller:
Keith Gordon (Arnie Cunningham)
John Stockwell (Dennis Guilder)
Alexandra Paul (Leigh Cabot)
Robert Prosky (Will Darnell)
Harry Dean Stanton (Rudolph Jenkins)
Christine Belford (Regina Cunningham)
Roberts Blossom (George LeBay)
William Ostrander (Buddy Repperton)
David Spielberg (Mr. Casey)

US-Kino-Start: 9. Dezember 1983
Deutscher Kino-Start: 16. März 1984

Drehbuch: Bill Phillips
nach dem gleichnamigen Roman von Stephen King
Co-Produzent: Larry Franco
Ausführende Produzenten: Kirby McCauley, Mark Tarlov
Produzent: Richard Kobritz
Regie: John Carpenter

Richard Kobritz, der mit John Carpenter 1978 den TV-Film "Someone´s watching me" ("Das unsichtbare Auge") gemacht hatte, bekam im Sommer 1982 ein 760-Seiten starkes Manuskript von Stephen King´s neuem Roman "Christine" vorgelegt. Die Geschichte um einen Teenager und sein erstes Auto, das ein merkwürdiges Eigenleben entwickelt.

Kobritz hatte schon King´s Geschichte "Salem´s Lot" ("Brennen muß Salem") fürs US-Fernsehen als Mini-Serie verfilmt. Für dieses Projekt gab er seinen Posten als Produzent bei "Warner Bros." nach achtjähriger Tätigkeit auf und setzte sich mit Mark Tarlov, einen der Verantwortlichen bei der "Polar Film", in Verbindung und man sprach über eine Verfilmung des Stoffes.

Innerhalb kürzerster Zeit hatte man die Rechte an der Geschichte in der Tasche und Kobritz, der mit Carpenter befreundet war, erzählte ihm von seinen Plänen. Carpenter´s Bestätigung stand aber noch auf wackligen Füßen, denn zu dieser Zeit war er noch vertraglich an die "Universal" gebunden und für die Verfilmung "Firestarter" geplant, die aber, wie schon erwähnt, anderweitig vergeben wurde.

Carpenter war nun frei für Christine ("Christine"). Als erstes brauchte man ein Drehbuch, und dieses mußte gezwungenermaßen im Gegensatz zum Roman einigen Änderungen unterworfen werden. Zunächst mußte aus dem 550 Seiten  starken Buch ein 120 Seiten starkes Drehbuch gemacht werden.

Das verlangte nach starken Kürzungen, und so wird im Film von "Christine´s" Vergangenheit fast gar nichts erzählt. Auch ist das Auto im Buch so eine Art Rächer, im Film wird der Wagen schon in der Fabrikationshalle "böse".


Als Autor fürs Drehbuch wurde Bill Phillips engagiert und so trafen sich in den nächsten Monaten Phillips, Kobritz und Carpenter öfters. Mit Stephen King sprach man ebenfalls über die Entstehung des Films. Insgesamt äußerte sich King später recht positiv über die Verfilmung seines Werkes (was nicht sehr oft der Fall bei den diversen Verfilmungen).

Der Inhalt der Film-Version war nun folgender: Arnie Cunningham ist ein schüchterner, verklemmter Junge. Nach einem Kfz-Kursus in der Schule ist er schon länger auf der Suche nach einem Auto. Auf dem Nachhauseweg finden er und sein Freund Dennis einen total vergammelten und verrosteten 58er Plymouth Fury, den Arnie unbedingt haben muß, obwohl Dennis ihm abrät.

Aber er kauft den Wagen trotzdem und verhilft dem Vehikel nach langer, mühseliger Arbeit wieder zu altem Glanz. Eines Abends wird sein Wagen, der schon von seinem Vorbesitzer "Christine" genannt wurde, von Randalieren total zerstört.

Als sich Arnie an die Reparatur machen will, entwickelt der Wagen ein geheimnisvolles Eigenleben und repariert sich selbst. "Christine", nun wieder ganz die Alte, macht sie sich auf, umd die Randalierer zu suchen und sich zu rächen.


DIE ARBEITEN
Als das Drehbuch fertig war und von King persönlich autorisiert wurde, war es für Kobritz nicht sehr schwer, ein Budget von 9,7 Millionen Dollar aufzutreiben, von denen bereits 2 Millionen auf das Konto von Stephen King gingen.

Nach dem grünen Licht für die Produktion begann eine regelrechte Autojagd - nach "Christine". Es war im Buch die Rede von einem 1958er Plymouth Fury mit 315 PS und einer V8-Maschine. Im halben Land waren Produktionsbeauftragte drei Monate unterwegs, um passende Modelle zu finden.

Die "Beute" dieser Jagd: 25 Wagen, von denen 17 gekauft wurden: drei davon waren so schlecht, das man sie nur noch als Ersatzteillager brauchen konnte, was aber für diesen Film ebenso wichtig war, wie gut erhaltene Modelle zu finden. Aus diesen 3 Schrottkübeln holte man genügend Teile um schließlich 14 komplette Autos auf dem Hof zu haben.

Von diesen 14 wurden während der Dreharbeiten 12 total verschlissen, sie waren am Ende schrottreif, die restlichen zwei wurden für eine Werbetour gebraucht und dann verkauft. Sie stehen heute wahrscheinlich immer noch in Garagen von Sammlern.


Die 14 Modelle, die für die Dreharbeiten übrig blieben, waren fast alle in unterschiedlichen Zuständen, man brauchte auch verschieden aussehende Wagen, einen völlig verbeulten, vor sich hin gammelnden für die Szene, in der Arnie "Christine" zum erstenmal bei seinem Vorbesitzer sieht, einige präparierte für die Szenen, in der "Christine" auf Rachefeldzug geht, einen, den man für die Szenen brauchte, in der sich "Christine" von selber
repariert und einen, der wie aus dem Ei gepellt aussah für die ersten Szenen im Film am Fließband und jeweils dann, wenn sich "Christine" nach einer Selbstreparatur wieder strahlend und chromblitzend dem Zuschauer
präsentieren mußte.

Bei all diesen veschiedenen Anforderungen war es am Set natürlich extrem wichtig, das die benötigten Modelle auch noch vorhanden waren; also das nicht ein Wagen zerstörte wurde, solange er noch für andere Szenen gebraucht wurde.

Am schwierigsten zu finden war ein Platz, der im Film Darnell´s Garage darstellen sollte, diese Halle sollte schließlich groß genug sein, um den finalen Kampf zwischen "Christine" und einer Planierraupe wirkungsvoll in Szene setzen zu können. Fündig wurde man in einer alten Rohrfabrik, in dessen 100 mal 300 m großen Halle man schließlich genug Platz fand.

Probleme gab es nur noch für die Set Dekorateure, die diese riesige Halle mit irgendetwas ausfüllen mußten. Man konnte schließlich nicht ein paar Werkzeugkästen und einen 58er Plymouth dahinstellen und die restliche Halle leer stehen lassen. Also richtete man das Büro des Besitzer in dieser Halle ein und stellte noch einige "kleinere" Einrichtungsgegenstände wie eine Planierraupe und ein paar Lastwagen hinzu.


DIE TANKSTELLEN-SZENE
Die gewaltigste Kulisse (was die Kosten angeht) entstand aber außerhalb jeder bewohnten Gegend, eine Tankstelle, die filmgerecht in ihre Bestandteile zerlegt werden sollte. Als "Christine" auf einem ihrer Rachefeldzüge ihren Opfer hinterherjagt, fährt "sie" kurzerhand in die ganze Tankstelle hinein, die daraufhin explodiert. Der brennende Wagen aber fährt weiter und verfolgt noch ein Opfer.

Für diese Szenen zog die Crew um nach Newhall, wo es weite Wüstengegenden gibt, in denen man solche Szenen drehen konnte, ohne jemanden zu gefährden.

Die Tankstelle wurde komplett aufgebaut und mit einem Gewirr von Pipelines ausgerüstet, mit deren Hilfe man Flammen auf Kommando steuern kann. Stuntmen Terry Leonard (Stunt Double von Harrison Ford in "Raiders of the lost ark") sollte mit "Christine" in die Tankstelle hineinfahren, zwei parkende Wagen rammen, dabei entzündet sich Benzin und alles geht hoch.

Dann sollte "Christine" wieder aus dem Trümmerhaufen herauskommen und - brennend - den letzten ihrer Peiniger verfolgen. Bei diesen Szenen fuhr Leonard praktisch blind, denn die Scheiben waren abgedunkelt um den Fahrer zu verbergen, laut Drehbuch fuhr "Christine" ja allein.

Als Terry Leonard mit dem brennenden Wagen dem Flüchthinterherjagt, war es für ihn praktisch ein Blindflug. Sieben Kameras filmten diese Szene, und alles ging glatt, die Aufnahmen waren im Kasten, niemand wurde auch nur angekratzt (außer einer Kamera, die Totalschaden erlitt).


"CHRISTINE"-EFFEKTE
Genau so ungewöhnlich gestalteten sich die Szenen der wunderbaren "Selbstheilung" von "Christine". Dafür war Roy Arbogast zuständig, der auch schon bei "The thing" mit Carpenter gearbeitete hatte. Nach zweiwöchiger Vorbereitungszeit war man für diese Szenen startklar. Als erstes wurde ein Filmwagen fast völlig zerlegt, dann wieder halbwegs zusammengebaut, wobei man viele Blechteile durch millimeterdicke Latexfolie ersetzte.

Von innen wurde Drähte an diese Folien angebracht, die am Heck des Wagens zusammenliefen. Dort sassen Mitarbeiter, die die Drähte genau nach Regie-Anweisungen zogen, die Folien spannte sich und der Effekte von Beulen, die sich selber regenerieren, war entstanden. Die Scheinwerfer und die Spiegel wurden mit winzigen Mengen Sprengstoff zerstört, das Ganze auf handelsüblichen 35 mm Film aufgenommen und diese Szenen später rückwärts abgespielt. All dies unterlegt mit den dazugehörigen Geräuschen von splitterndem Glas und knirschendem Blech, das sich von selber wieder formt, dazu die passende spannende Musik ergibt im fertigen Film eine beeindruckende Szenerie.

Im Finale, als "Christine" gegen die Planierrraupe "antritt" werden diese Effekte noch einmal präsentiert. Dort wirkt es dann noch besser, weil es im Schlußkampf zwischen Gut und Böse geschieht und die Emotionen beim Zuschauer sowieso schon gesteigert sind.

Die Musik im Film besteht hauptsächlich aus Rock ´n´ Roll Oldies, die wenigen anderen Kompositionen stammten von John Carpenter, allerdings ist auf der Film-Soundtrack-LP nur ein einziger Song zu hören, der aus Carpenter´s Feder stammt, alle anderen sind alte Rock ´n´ Roll Nummern. Für Leute, die nun aber lieber die Carpenter-Musik hören wollten, nicht besonders genußvoll.


DIE DARSTELLER
Die drei Hauptrollen sind mit Keith Gordon als Arnie Cunningham, John Stockwell als Dennis Guilder und Alexandra Paul als Leigh Cabot bestens besetzt. Keith Gordon (geboren am 3. Februar 1961 in New York) begann Ende der 70er Jahre als Darsteller. Er spielte schon 1980 in Brian De Palmas "Dressed to kill", davor in "Jaws 2" ("Der weiße Hai 2", 1978) und in Bob Fosse´s "All that Jazz" ("Hinter dem Rampenlicht").

Ab Mitte der 90er Jahre war er als Schauspieler nicht mehr aktiv (außer einer Rolle im Jahre 2001). Seit dieser Zeit ist er als Regisseur aktiv, vor allem im Fernsehen. Er drehte mehrere Episoden der Serien "Homicide: Life on the street" (1994), "Fallen Angels" (1995), "Gideon's Crossing" (2001), "Night Visions" (2002), "House M.D." (2005) oder mehrere Folgen der Serie "Dexter" (2006 - 2008).

John Stockwell, geboren am 25. März 1961 im texanischen Galveston, ist noch heute als Darsteller aktiv, hat aber seit Beginn dieses Jahrhunderts auch verstärkt als Produzent und Regisseur gearbeitet. Auch als Drehbuch-Autor ist er seit Ende der 80er Jahre sporadisch in Erscheinung getreten.

Seine Filme sind bei uns nicht allzu bekannt. Als Regisseur hatte er Filme gedreht wie "Under cover" (1987), "Cheaters" (2000), mehrere Folgen der Serie "Rocky point" (2005), "Into the Blue" (2005) oder "Middle of Nowhere", sowie vier Episoden der Serie "The L Word" (2007 - 2009). Zur Zeit ist ein Film mit dem Titel "Kid Cannabis" in der Vor-Produktion, bei dem Stockwell Regie führen wird.


Alexandra Paul (geboren am 29. Juli 1963 in New York) ist seit 1982 bis heute durchgehend als Darstellerin tätig und war auch hei uns oft im Kino und im Fernsehen erschienen. Bekannt wurde sie zunächst mal durch eine wiederkehrende Rolle in den Fernseh-Filmen der Reihe "Perry Mason", in denen sie 1989 dreimal als Amy Hastings auftrat.

Erfolg konnte sie sammeln durch ihre Darstellung der Lt. Holden in der Serie "Baywatch", die sie von 1992 bis 1997 in 64 Episoden spielte und mit der sie auch hierzulande Aufmerksamkeit erlangte. Bis heute ist sie in Filmen verschiedenen Genres aktiv. Zur Zeit sind sechs Projekte mit ihr in der Vorbereitung bzw. werden gerade fertig gestellt.


DIE ECHOS
Die Kritik ging einigermaßen gnädig mit Carpernter´s Film um, zu meckern hatten sie natürlich auch einiges, zum Beispiel bemängelten sie das Fehlen des "Kingschen Erzählstils". Manche beanstandeten, das die "Verwandlung" von Arnie Cunningham vom schüchternen Jungen zum arroganten Knilch zu schnell vonstatten ging (wie man so etwas langsam und auch noch spannend drehen soll, weiß ich nicht).

Ein großer (finanzieller) Erfolg wurde der Film nicht, aber immerhin ein annehmbarer: die Einspielergebnisse in den USA beliefen sich auf ca. 21 Millionen Dollar und da das Budget von 9,7 Millionen Dollar nicht überschritten wurde, blieb am Ende noch etwas übrig (hinzu kamen natürlich noch die Auslandsergebnisse). In einer Zeit, als Horrorfilme keineswegs als sichere Kassenmagnete galten, war dieses Gesamtergebnis alles andere als schlecht.

Stephen King selbst sagte über Carpenter's Film einmal:
"Ich finde den Film Christine fabelhaft. Carpenter hat eine starke visuelle Energie, der Film rollt nur so dahin."

Eine Meinung, der ich mich anschließe. Die Geschichte kommt hier - im Gegensatz zum Buch - schneller und schnörkellos in Gange, die Darsteller bringen ihre Rollen alle überzeugend auf die Leinwand und die Effekte sind ebenfalls teilweise sehr überzeugend. Alles in allem ein unterhaltsamer und spannender Film.

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